Hallo
Ich habe einige Informationen zu Objektivköpfen, Bildkreis, flaues Bild und Hotspot zusammengetragen,
es wird deshalb wieder einmal etwas länger.
Das Rodenstock Apo-Rodagon 50mm ist ein Vergrösserungsobjektiv,
das sich in umgekehrter Montage auch sehr gut zum fotografieren im Vergrössernden Abbildungsmassstab eignet.
Ein herkömmliches Fotoobjektiv wird direkt an der Kamera montiert,
je nach Objektiv gelangt man damit bis zu einem Abbildungsmassstab von 1:1 (mit einigen Ausnahmen, die bis zu etwa 5:1 reichen).
Bedingt durch die Tele-, Retrofokus-, Zoomkonstruktion, und Fokussiermöglichkeit auf einen weiten Distanzbereich,
können sich im Objektivgehäuse von vorne bis hinten Linsen befinden.
Vergrösserungsobjektive, Lupenobjektive, einige Mittelformat- und die Grossformatobjektive werden mit Zwischenringen oder Balgen montiert,
man bezeichnet sie deshalb auch als Objektivköpfe, da sie nur ein Teil (Kopf), der benötigten, ganzen Objektiv-Konstruktion sind.
Linsen sind somit nur vorne am Kopf vorhanden.
Dadurch ist der Einfallswinkel des Lichtes auf dem Sensorchip nahe 90°, was für übliche Sensoren optimal ist,
jedoch nicht, wenn die Sammellinsen auf den einzelnen Pixeln des Sensorchips am Rand des Sensors leicht zur Mitte verschoben sind.
Für die benötigten Zwischenringe oder den Balgen, ist der Fotograf zuständig.
Hier liegt sehr oft auch der Grund einer mangelhaften Bildqualität.
Manchmal ist ein Bild flau oder in der Bildmitte extrem heller,
was folgende Ursache haben kann.
Ein Beispiel:
Beim Apo-Rodagon 50mm in Retro, passieren Lichtstrahlen das Objektiv, die von der Mittelachse um bis zu etwa 35° abweichen,
es besitzt einen Öffnungswinkel von etwa 70°.
Verwendet man das Objektiv bei einem Abbildungsmassstab von 2:1 projiziert es auf die Distanz bis zur Bildebene einen Bildkreis von etwa 200 mm Durchmesser.
Bei 5:1 beträgt der Durchmesser des Bildkreises in der Schärfenebene (Bildebene) etwa 400 mm.
Mit einer Vollformat-Kamera, Chipdiagonale 43.3 mm, wird bei 2:1 nur der innerste Teil, also nur etwa ein fünftel (1/4.6) des Bildkreisdurchmessers genutzt,
was etwa 1/36 der Bildkreisfläche entspricht, das sind 2.8%,
97.2% der ausgeleuchteten Bildkreisfläche bleiben ungenutzt.
Dies macht Sinn, weil zum Rand zunehmend Artefakte sichtbar werden.
Bei 5:1 wird etwa ein Zehntel des Bildkreisdurchmessers genutzt, was etwa 1/100 der Bildkreisfläche entspricht,
99% der Bildkreisfläche bleiben ungenutzt.
Das Licht der ungenutzten Bildkreisfläche, also der grösste Teil des Lichtes das durch das Objektiv gelangt,
wird an der Innenseite des Tubus, Zwischenringe oder Balgen absorbiert oder reflektiert.
Ein Teil des reflektierten Lichtes kann dann an einem anderen Ort am Tubus wieder absorbiert oder reflektiert werden,
gelangt zur hintersten Objektivlinse, oder auf den Sensorchip.
Dies ergibt je nach stärke, ein erkennbar flaueres Bild oder einen helleren Bereich in der Bildmitte (Hotspot).
Unabhängig wie gross der genutzte Bildkreis (Chipdiagonale) ist,
bei 2:1 gelangt das Licht von einer Kreisfläche mit 200 mm Durchmesser in der Fokusebene, in das Objektiv, dies entspricht einem Öffnungswinkel von 70°.
Dies ist zu beachten, wenn z.B. ein Lichtdiffusor, Lichtquelle oder stark reflektierendes Objekt, sich innerhalb dieses Öffnungskegels befindet.
Massgebend ist somit nicht der Durchmesser des genutzten Bildkreises (Bildfeld, Nutzfläche), sondern die Grösse des Bildkreises des Objektivs.
Bei 2:1 wird an einer Vollformatkamera ein objektseitiger Bildausschnitt (18x12mm) mit einer Diagonale von 21.6mm genutzt,
was dem Bildfeld oder der Nutzfläche entspricht.
Weit um diesen Bereich in der Schärfenebene (200 mm in Durchmesser) sollten deshalb keine stark reflektierenden oder leuchtende Objekte sein
und ebenfalls auch nicht in weiterer Distanz, denn da wird der Bildkreisdurchmesser noch grösser.
Was ist zu tun, um dies zu vermeiden?
Objektseitig, vor dem Objektiv:
Eine lichtreflektierende Metall Krokodilklemme, Gestänge u.s.w. die das Objekt halten, die man im Bild der Kamera nicht sieht,
sollten schwarz gestrichen oder mit dunklem lichtschluckendem Material kaschiert sein.
Ein heller Diffusor um das Objekt sollte nicht zu eng um das Objekt platziert sein.
Auch wenn man solche Gegenstände im Bild der Kamera nicht sieht, das Objektiv sieht sie, was zu einem diffusen Bild führen kann!
Bildseitig, hinter dem Objektiv, im Tubus:
Schaut man von beiden Seiten durch den Tubus gegen das Licht, ohne angeschlossene Kamera und Objektiv, sollten keine Reflexe sichtbar sein.
Schaut man durch billige, enge Zwischenringe zum Licht, erkennt man, was ich meine.
Selbst wenn diese innen schwarz und geriffelt sind, reflektieren diese Innenseiten mehr Licht, wie qualitativ gute und teurere Zwischenringe.
Richtig schwarz und dunkel ist es in einem Balgengerät, da entstehen auch keine Hotspots!
Zu beachten ist, dass auch der Sensorchip Licht reflektiert, das auf die hinterste Linse des Objektivs gelangen kann und so zu einem etwas diffuseren Bild führt.
Mikroskop Objektive besitzen oft einen nicht so grossen Bildkreis, da er schon im Objektiv durch Blenden beschnitten wird
(dies sind keine Iris- oder Aperturblenden die sich auf die Bildhelligkeit und Schärfentiefe auswirken, sondern sie beschneiden nur den Bildkreis).
Der Bildkreis ist so beschnitten, dass er zum bekannten und genormten Okulardurchmesser passt.
Ebenfalls sind gute Mikroskoptuben innen optimal Lichtabsorbierend konstruiert.
Richtigstellungen, Ergänzungen und Kritik sind willkommen.
Kurt
Hallo Kurt,
wieder ein Super Beitrag und danke für dein Knowhow.
Meine Welt kann ich zu 99,9% mit der Quantenelektrodynamik (QED) erklären.
Starke+schwache Kernkraft spielen keine Rolle und die Gravitation ist so alltäglich, daß ich darüber aucht nicht wirklich nachdenke.
Bleiben nur die unzähligen Photonenaustauschprozesse mit Materie/Elektronen übrig.
Ich gebe Dir vollkommen Recht so ein Objektiv sammelt viel mehr Photonen als auf dem Chip registriert wird.
Bei deinen Brennwertenangaben bin ich mir aber unsicher, ich denke das bspw. ein 50mm Objektiv in Revers eine andere Brennweite hat !
Es ist aber eigentlich egal wenn ohnehin nur ein Bruchteil des Lichtes den Sensor erreicht und der Rest mit Materie agiert.
Herzlichen Dank und mit freundlichen Grüßen
Christian
Hallo Christian
QED, Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie von Richard P. Feynman und Edward Hutchings, ist wie der Name sagt Theorie.
Deshalb habe ich von dem Inhalt des Buches nicht wahnsinnig viel begriffen.
Vorlesungen über Quantenphysik mit praktischen Vorführungen sind für mich dienlicher.
Die Theorie macht mir eher in Verbindung mit der Praxis Freude.
"Bei deinen Brennwertenangaben bin ich mir aber unsicher, ich denke das bspw. ein 50mm Objektiv in Revers eine andere Brennweite hat !"
Die Brennweite ändert sich bei der Retrostellung nicht, jedoch der Abbildungsmassstab.
Da ich vorwiegend über eigene Erfahrungen berichte, sind auch hier meine Zeilen aus eigener Erfahrung in der Praxis,
bei welcher sich das Objektiv in Retro-Stellung befand, so wie ich es in der Praxis der vergrössernden Fotografie verwende!
Herstellerangaben zur Retrostellung habe ich keine gefunden.
Messungen in der Praxis mache ich oft an meinem Reprostand
und in diesem Falle, da der Bildkreis ja grösser ist wie der Kamerachip,
machte ich die Beobachtung (Messung) an meiner Optischen Bank (TWINSE PRISMATIC optics bench),
die ich für fotografische Zwecke erweitert habe .
Es ist für Unterhaltung bestens gesorgt.
Kurt
Vielleich noch als Anregung.
Eine Art Streulichtblende kann auch sehr hilfreich sein.
Ich habe mit einem kleinen Loch begonnen und solange aufgebohrt bis keine Randabschattungen am Kameradisplay mehr sichtbar waren.
Bspw: Componon 80, Durchmesser Streublende ca. 26mm, Länge ca. 33mm, Loch 8mm
mfG Christian
Hallo Kurt vielen Dank,
hier mein Gulasch:
teilweise aus Plastik, Aluminium und auch Papier, schwarze Farbe oder die günstige schwarze Velourfolie.
Anfangs dachte ich diese Blenden selber berechnen zu können, und habe mich von dünnen, dicken und mehrlinsigen bis zu den 5 Seidelschen Summen durchgekämpft.
Während einem Gassigang dachte ich, bin doch total bescheuert, rechne da windschiefe Strahlen durch die Optik zu Kissen/Tonnenförmigen Unsinn aus für ?
Meine Vorgehensweise war danach sehr einfach, der max. Abbildungsmaßstab war die Ausgangsbasis, den Arbeitsabstand habe ich gemessen und davon durfte die Blendenlänge nur max. 50% beanspruchen, damit kann man noch arbeiten und stößt nicht sofort mit der Blende ans Aufnahmeobjekt. Notfalls mache die Blende auch ab.
mfG Christian
Hallo Christian
Vielen Dank für deine Bilder.
Sie zeigen, dass du noch einiges weiter gedacht hast wie ich.
Mit Blenden sind die Tuben noch einiges wirksamer.
Wir sind ja in der vergrössernden Fotografie, wo das Objekt oft kleiner ist, wie der Durchmesser der Frontlinse.
Mit einer Blende am Tubusende kann der zu grosse Bildkreis noch stärker verkleinert werden.
Weiters kann dadurch die Tubuslänge verkürzt werden, was eine steilere Beleuchtung ermöglicht.
Ich werde mich für gute Resultate noch eingehender mit der "Sonnenblende" auseinandersetzen müssen.
Danke
Kurt
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